Ein kleines, funkelndes Juwel
Geoff Goodman eröffnet mit seiner Band „Rosebud“ die dritte Saison der Reihe Blues & Boogie First im Veranstaltungsforum
Von Jörg Konrad

Fürstenfeldbruck, 25.01.2011 - Rosebud ist eines der bestgehütetsten Geheimnisse der Filmgeschichte. Orson Welles lässt seine Hauptfigur, einen amerikanischen Großverleger, in dem Jahrhundertfilm ,, Citizen Kane” auf dem Sterbebett dieses Wort sibyllinisch aussprechen und erzeugt damit Magie und Spannung, die den gesamten Film trägt und ihm außergewöhnliche Tiefe gibt. Rosebud nennt Geoff Goodman, der amerikanische Gitarrist mit Wohnsitz München, eines seiner Projekte, mit dem er am Freitag in Fürstenfeld gastierte. Und tatsächlich vermittelte die Musik dieses Quartetts eine Tiefe und Poesie, wie sie in dieser Geschlossenheit nur mehr selten zu erleben ist. Goodman thematisiert mit Rosebud die Wurzeln der modernen, amerikanischen Populärmusik. Dabei versteht er es ausgezeichnet, sich mit seiner Formation geschickt zwischen den Stühlen von Folk, Blues, Bluegrass, Gospel und Jazz zu platzieren, ohne dass sich die unterschiedlichen Stile zu einem blassen Crossover mit Mainstream-Attitüde vermischen. Allein die Besetzung mit Saxophon (Till Martin), Posaune (Johannes Herrlich), Gesang (Beate Sampson) und Gitarre (Geoff Goodman) bricht mit jeglichen Konventionen und schafft einen ganz eigenen Sound, der kaum Vergleichsmöglichkeiten bietet. Ausgangspunkt für Goodmans musikalische Wanderungen durch die moderne Musikgeschichte ist das Newport Folk Festivals, das, von Pete Seeger organisiert, erstmals im Jahr 1959 stattfand. Von den hier auftretenden Künstlern gingen häufig Initialzündungen aus, die die Weiterentwicklung der populären Musik maßgeblich beeinflussten.

Eine Musik mit Tiefe und Poesie

Goodman, häufig mit dem Banjo spielend, fand wunderbare Arrangements für die engagierten Songs von George Thorras, Son House, Elizabeth ,,Libba” Cotten oder auch Bob Dylan. In Beate Sampson besitzt Rosebud eine Sängerin mit klarer, intonationsfähiger Stimme. Sie gibt selbst den brüchigen Songs Charakter, verstärkt deren Inhalte mit einer eigenen Haltung und vermittelt auf diese Art, egal ob in lasziver Interpretation oder mit folkloristischer Frische, vor allem Glaubwürdigkeit. Till Martin und Johannes Herrlich kolorieren die Titel mit warmen, langgestreckten Linien, betten sie in einen tief tönenden Fluss, aus dem sie auftauchend, immer wieder zu kleinen solistischen Kaskaden ansetzen. Gospelartige Wechselspiele und disziplinierte Unisonopassagen lassen ihre Klasse durchscheinen und zeigen, dass auch Zurückhaltung ein gewisses Maß an Größe erfordert. Goodman ändert mit seinem Spiel immer wieder die Identitätsskalen. Er beherrscht den spirituellen Tiefgang in der Begleitung ebenso, wie ein rasantes, vor Intensität fast berstendes Solospiel. Doch auch er hält sich insgesamt geschickt zurück, setzt sehr stark auf den Gruppengedanken, auf die musikalische Kommunikationsebene, mit der ihm das Kunststück gelingt, die Archaik und Magie der jahrzehntealten Songs lebendig in unsere Zeit zu übertragen. Das macht Rosebud zu einem kleinen, aber funkelnden Juwel, das Vergangenheit und Gegenwart auf sehr stimmige Weise verbindet.

 

Alte Songs in aktuellem Gewand
Das Newport-Project des Rosebud im Birdland Jazzclub

tb. Geoff Goodman ist ein äußerst eigenwilliger Musiker. Abseits von jeglichem Mainstream sitzt er zwischen allen Stühlen, wo er sich auch noch hörbar pudelwohl fühlt. Wenn einer zwischen engagierter Jazz-Avantgarde und eher schräg gestelltem Oldtime-Jazz, Tabla and Strings, griechischer Folklore und amerikanischen Cowboysongs, Folk, Country und Blues oszilliert, kann dabei leicht Chaos entstehen - oder aber jene kreative Alchemie, für die Geoff Goodmans Rosebud steht.

Beispiel? In Son House's Blues "Death Letter" über die verpassten Gelegenheiten des Lebens entspringt dem Banjo, jenem denkbarst amerikanischen Instrument, ein deutlich orientalisch inspiriertes Solo. Dabei setzt Goodman die Suche nach den eigenen musikalischen Roots immer wieder in einen aktuellen, auch politischen Kontext, etwa, wenn der alte Gospelsong "Down By The Riverside" programmatisch mit der Zeile eingeleitet wird "Ain't gonna study war no more ...", oder der "Deadline Blues" mit direkten musikalischen Anspielungen auf die kriegerischen Konflikte im Nahen Osten aufwartet.

Im Mittelpunkt des Abends steht die Musik, die mit den Newport-Festivals der frühen 60er Jahre ein gut Teil zur Politisierung junger Menschen in den 60ern beitrug. Die Erinnerung gleicht zuweilen der mühsamen Suche auf dem Speicher nach Gültigem, Bleibendem, Wahrem im Lauf wechselnder Zeiten. Dazu passt die merkwürdige Instrumentierung mit Posaune, Saxophon und Gitarre, in der Schwerfälligkeit und Bewegung, Mühe und Vorwärtskommen, Fluss und Verharren sich in herrlich reibenden Klangfarben mischen. Da wird Bob Dylans "Maggie's Farm" mit heftig elektrifizierter Gitarre auf Trip-Tempo defragmentiert, während kurz darauf Goodmans Instrumental "Newport 1965" die ungeheure Aufregung lautmalerisch beschreibt, die damals einen Paradigmenwechsel in der amerikanischen Popmusik begleitete.

Geoff Goodman, Gitarre und Banjo, Johannes Herrlich, Posaune, und Till Martin, Saxophon, widmen sich mit viel Liebe und Empathie den alten Songs. Die Sängerin Beate Sampson schlüpft mit überzeugender Stimmlichkeit in die Rollen der klagenden Landarbeiterin, Bluesröhre, Voodoofee, psychedelischen Fata Morgana, Schlafliedmama, blutrünstig Liebenden, "Pretty Polly" und "Darling Cora". .... ein wirklich aufregendes Projekt ist das Newport-Project des Rosebud bereits jetzt allemal.

BALIJAZZ
Eine sehr außergewöhnliche Besetzung fand sich mit dem Rosebud feat. Beate Sampson im Neuburger Jazzkeller ein. Kopf der Gruppe ist der in München ansässige Amerikaner Geoff Goodman an Gitarre und Banjo. Till Martin am Tenorsaxophon und Johannes Herrlich an der Posaune vereinigten sich zu einem perfekten Klangkörper und man hatte manchmal den Eindruck, sie würden gemeinsam atmen, so präzise war das Zusammenspiel. Und mittendrin die stimmgewaltige und leidenschaftliche Sängerin Beate Sampson, die es verstand die Zuhörer in beinahe tranceartige Zustände zu singen. Einen Abend mit amerikanischen Folk- und Bluessongs kündigte sie zu Beginn an. Aha - dachte ich mir - und was ist mit Jazz? Diese Frage erübrigte sich schnell. Die vier Musiker versetzten die Gäste mit einer genialen Stil-Symbiose vom ersten bis zum letzten Ton in absolute Hochspannung. Absolut fantastisch!
balijazz.de